Warum ich Menschen oft anstrengend finde

Warum ich Menschen anstrengend finde

Warum ich Menschen oft anstrengend finde und trotzdem gerne ein INFJ bin; Foto: Pexels

Es ist Donnerstag und noch bis gestern Nachmittag habe ich fieberhaft überlegt, was ich diese Woche verbloggen soll.
Ein neues Rezept, dies das Ananas – es kommt nicht besonders oft vor, dass ich so gar nicht weiß, worüber ich schreiben möchte.
Aber wie das Leben so spielt, kam mir der Zufall zu Hilfe.

Als ich gestern Abend nach Hause kam, habe ich mich maßlos über eine Aktion einer Nachbarin geärgert, die Details findet ihr weiter unten im Artikel.

Auf jeden Fall hat mich das Ereignis dazu inspiriert darüber zu schreiben warum ich Menschen oft anstrengend finde und wie das ins Bild meiner Persönlichkeit passt.

Menschen erwarten im Normalfall etwas.

Menschen haben meist die Angewohnheit etwas von anderen Menschen zu erwarten oder zu wollen.
Das beginnt im Kleinen, wenn man von seinem Partner erwartet, dass die schmutzige Wäsche in der Wäschetonne landet, anstatt auf dem Fußboden des Schlafzimmers. Eltern gehen davon aus, dass ihre Kindern im Haushalt mithelfen, Nachbarn verlassen sich darauf, dass man nach 22 Uhr keine wilden Parties mehr feiert.

Man erwartet einfach, dass sich die Menschen im eigenen Umfeld so verhalten, dass sich alle wohlfühlen können. Das geht schon in Ordnung, denn immerhin wollen wir alle friedlich nebeneinander und zusammen leben.

Aber ab wann fängt es an zu nerven? Wo verläuft die Grenze zwischen realistischer Erwartungshaltung und überzogenen Vorstellungen?
Schwer zu sagen, weil jeder seine eigene Toleranzgrenze hat. Mir geht es ab dem Moment auf den Keks, in dem jemand entweder in meine persönlichen Entscheidungen reinquatschen oder mir seine Ansichten aufzwängen will.

Damit nicht alles aus dem Ruder läuft braucht eine Gemeinschaft Regeln. Geschenkt. Aber selbst wenn sich alle an diese Regeln halten, gibt es immer jemanden, der noch einen draufsetzen muss. Weil er es besser weiß. Weil sich seiner Meinung nach die anderen nicht streng genug an alle Vorgaben halten. Wenn man ganz viel Glück hat, hat man Nachbarn wie wir, die einem das nicht einmal persönlich mitteilen, sondern lieber das Haus mit Zetteln zupflastern, in denen man vor allen anderen Nachbarn denunziert wird.

Ich mag Routine und Gewohnheiten.

Für die einen ist es der größte Albtraum, für mich etwas Angenehmes. Ich mag Routine in meinem Alltag und ich schätze bestimmte Fixpunkte in meinem Leben.

Natürlich verlasse ich meine comfort zone auch des Öfteren, weil das Leben sonst zu grau wäre. Und allein berufsbedingt wäre es mir nicht möglich, dass alles ausschließlich aus Routine besteht – und das ist gut so.
2014 habe ich meine geradezu panische Flugangst überwunden, um mit dem Liebsten nach Irland zu fliegen. Beste Entscheidung ever. Kurz nach den Anschlägen 2015 in Paris besuchte ich mit Freunden ein Fußballspiel in der Commerzbank-Arena. Trotz mulmigem Gefühl in der Magengegend. Es ist nicht so, dass ich mich keinen neuen Herausforderungen stelle oder mein Leben in Langeweile verbringe, weil mir Routine über alles geht. Aber dennoch: Jeder hat mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen und ich bin jemand, den Veränderungen gleichzeitig reizen und ängstigen.

Ich bin ein INFJ und du?

Erinnert ihr euch noch an den 16 Personalities Persönlichkeitstest? Ich gehöre zur Gruppe der INFJ (introversion, intuition, feeling, judging).

Warum ich Menschen oft anstrengend finde und trotzdem gerne ein INFJ bin

Warum ich Menschen oft anstrengend finde und trotzdem gerne ein INFJ bin
Bildquelle: 16personalities.com

Das I steht für Introversion (Introvertiertheit).
INFJs sind eher zurückhaltend und reserviert. Sie bevorzugen einen kleinen, aber stabilen Freundeskreis. Ein riesengroßer Bekanntenkreis ist eher nicht so ihr Ding. INFJs passen sich sozialen Situationen und Gegebenheiten schnell und mühelos an und haben keine Probleme damit neue Kontakte zu knüpfen – weshalb ihre Außenwelt sie oftmals gar nicht als introvertiert wahrnimmt. Es ist nicht so, dass INFJs soziale Zusammenkünfte nicht mögen, aber sie empfinden sie häufig als erschöpfend (ganz im Gegensatz zu extrovertierten Menschen, die aus sozialen Interaktionen sogar noch Energie gewinnen können).

Das N steht für INtuition.
INFJs denken gerne abstrakt und konzentrieren sich nicht selten auf das große Ganze. Da denkt man schonmal darüber nach, wie Menschen sich im Allgemeinen und im Speziellen verhalten, weshalb sie dieses oder jenes tun und warum die Banane krumm ist.

Das F steht für Feeling.
Für INFJs spielen bei Entscheidungen Gefühle und persönliche Beweggründe eine wichtige Rolle. Mögliche soziale Auswirkungen oder andere Konsequenzen werden manchmal mehr gewichtet als logische und objektive Aspekte.

Das J steht für Judgement (Beurteilung).
INFJs treffen ihre Entscheidungen gerne schnell und lieben es, alles im Voraus zu planen. Alles was vorherbestimmbar ist, gibt einem INFJ das Gefühl von Sicherheit und Kontrolle.

Wer noch ein bisschen mehr wissen möchte:

Ich will doch nur frei sein.

Zugegeben: Das wollen wir vermutlich alle, jeder auf seine eigene Art und Weise.

Mir geht es vor allem darum, dass ich mein Leben so leben kann, wie ich es möchte. Ohne dafür von „den anderen“ bewertet oder gar abgewertet zu werden. Ich will keine Gesellschaft, die mir sagt, dass ich einen anständigen Beruf erlernen soll und damit meint, dass nur Menschen mit einem Universitätsabschluss etwas wert sind. Oder eine Gesellschaft, die immer noch der Meinung ist, dass Frauen nichts in naturwissenschaftlichen Berufen zu suchen haben, nicht Rennfahrerin in der Formel 1 werden sollten oder einen mit großen Augen anstarren, wenn man als Mädchen Computerspiele cool findet.

Mir ist klar, dass potenziell jeder in Deutschland die Möglichkeit hat sein Leben so zu gestalten wie es ihm gefällt. Ich weiß es zu schätzen, dass ich das Glück hatte in einem Land zur Welt zu kommen, in dem Demokratie und Freiheit zur Grundordnung gehören. Aber nur weil es prinzipiell möglich ist, heißt das noch lange nicht, dass einem niemand Steine in den Weg legt. Denn die Menschen, die sich daran stören, wenn andere unkonventionelle Wege gehen,sind faszinierenderweise immer diejenigen, die glauben alles besser zu wissen. Aber warum zum Teufel soll jemand anderes wissen, was sich richtig für mich anfühlt?

Warum zum Teufel soll jemand anderes wissen, was sich richtig für mich anfühlt?

Manchmal wünsche ich mir, ich könnte den Menschen, denen es an Empathie mangelt, etwas von meiner abgeben. Ich mache mir nämlich fast immer zu viele Gedanken darüber, wie sich andere fühlen. Wenn jemand den Off-Schalter für diese Hirnfunktion findet, bitte kurz Bescheid geben, danke!

Ich mag mein Leben. Mit meinen Herzmenschen, meiner Routine, meinen wenigen Freunden, meinem Beruf (meistens jedenfalls) und meinen Hobbies. Es wäre utopisch zu verlangen, dass andere mein Leben ebenfalls mögen sollen. Aber selbst wenn sie es total blöd finden: Sie könnten kurz darüber nachdenken, wie ich mich fühlen werden, wenn sie destruktive Kritik abfeuern. Im zweiten Schritt könnten sie versuchen sich vorzustellen, wie sie sich fühlen würden, wären sie an meiner Stelle. Das Zusammenleben wäre selbst mit seinen Reibungspunkten viel einfacher, würde jeder nur ein bisschen darüber nachdenken, welche Konsequenzen sein Handeln hat, bzw. was es bei jemand anderem auslöst.
Utopisch. Ich sag’s ja.

Der Anstoß für diesen Artikel: Das Eimergate

Der Anstoß für diesen Artikel ist im Grunde genommen total lächerlich. Erinnert ihr euch noch an das Drama um unsere vermeintlich auslaufende Waschmaschine, nachdem wir umgezogen sind? Wir hatten extra einen Techniker kommen lassen (und 78€ verbrannt), nur um festzustellen, dass es die ziemlich alte und rostige Waschmaschine der Nachbarin ist, die ausläuft.

Gestern Abend hing sowohl an unserer Wohnungstür als auch an unserem Briefkasten (draußen, vor dem Haus, wohlgemerkt) ein Zettel, den eine Nachbarin verfasst hat. In ihrem Schreiben weist sie uns, mit gefühlten hundert Ausrufezeichen, darauf hin, dass der Eimer neben unserem Wäschetrockner übergelaufen sei und den Waschkeller unter Wasser gesetzt habe (Anmerkung: Das Abflusswasser unseres Trockners läuft in einen 5 Liter Eimer, weil kein eigener Anschluss vorhanden ist). Es ist von Überschwemmungen und Beeinträchtigung der Waschmaschinen der Nachbarn die Rede. Und wir sollten doch mehr Umsicht üben und unser Eimer sei ja schon wieder bis zum Anschlag gefüllt.

Gleichzeitig erwähnt sie, dass sie sich von ihrer rostigen Maschine getrennt hat und eine neue Waschmaschine hat aufstellen lassen. Fachgerecht, versteht sich. Welch interessanter Zufall.

Das alles wäre im Zweifel ja noch irgendwie ulkig, hätte sie diesen Zettel nicht überall hingepappt und auch noch an alle Nachbarn verteilt. Sie hat ein Problem mit unserem Eimer, aber statt einfach bei uns zu klingeln oder nur uns eine Nachricht zu hinterlassen, schreibt sie einen Rundbrief an das gesamte Haus, in dem sie uns nicht nur belehrt, sondern auch noch hinstellt wie die letzten Vollpfosten. Im Übrigen hat der Eimer-Check ergeben, dass er zu 3/4 voll war. So viel also zum Thema bis zum Anschlag gefüllt.

Ich kann mir so oft wünschen wie ich will, dass mir manche Dinge weniger ausmachen – es ist nicht so.

Mal abgesehen davon, dass unser Eimer noch nicht einmal übergelaufen ist (Hallo? Unsere eigene Waschmaschine steht da auch!): Die Art und Weise, wie die Nachbarin mit uns umgegangen ist, nagt an mir.
Hat sie sich auch nur eine Minute lang überlegt, wie man sich fühlt, wenn eine Angelegenheit nicht persönlich geklärt wird, sondern ein „anschwärzendes“ Schreiben im gesamten Haus verteilt wird?
Es geht mir weder um den Eimer noch darum, dass die Dame ein Problem hat, welches sie ansprechen und lösen möchte. Es gibt nichts, worüber man nicht reden kann. Aber jemanden vor versammelter Mannschaft runterputzen zu wollen – suck my nuts.

Tja. Das war der Stein des Anstoßes, weshalb ich darüber nachgedachte habe, warum ich Menschen oft anstrengend finde. INFJ, eben.
Aber ich habe beschlossen, dass ich mich deswegen nicht schämen muss und auch nicht werde. Ich bin anders gestrickt als die meisten Menschen. Ich mache mir mehr Gedanken. Ich kann mir so oft wünschen wie ich will, dass mir manche Dinge weniger ausmachen – es ist nicht so.

Und wisst ihr was? Ich mag mich. Genau so wie ich bin. Mit viel zu vielen Gedanken und viel zu großem Herzen.


Habt ihr schonmal so einen Persönlichkeitstest gemacht? Kennt ihr auch jemanden, der zur INFJ Gruppe gehört oder seid ihr sogar selbst einer?

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